die goldene Zeit der Götter (Schöpfungsmythos)

Die Erste Schlacht war geschlagen,

Den Großen ward der Sieg.

Der Götter Macht war gewaltig,

Der Farað Zahl gering.

Das Ende des Krieges

Bringt der Gott aus vier Riesen.

Sein Werk die Versöhnung

Und der Farað Fortbestand.

Eide wurden geschworen,

Götter wohnten und Riesen

Gemeinsam in der jungen Welt.

Friedensgeschenke

Jung war der Friede, gefestigt durch Gaben.

Foldrað hieß ein Riese, die Erde war sein Heim. Der beste der Schmiede war er.

Auf sein Geheiß brannte Hitirað im lodernsten Feuer – angefacht durch die Riesen der Luft gleißender noch als die Sonne selbst. Ohne Rast schmiedete Foldrað lange Zeit. Reinstes Silber nahm er und die leuchtensten Steine aus den tiefsten Tiefen der Welt. So schuf er Silfrgyltrinn, den strahlenden Gürtel Kuindes.

Ohne Unterlaß rann sein Schweiß und formte den steinerenen Boden. Hoch flogen die Funken und wo sie zusammentrafen entstanden Säulen aus Licht.

Schließlich war das Werk vollendet und ein Festmahl wurde gehalten in der Halle des Riesen. Groß war die Feier, doch größer noch die Freude Kuindes, als Foldrað das Geschenk darreichte. Ergriffen waren die Götter von der Schönheit des Kleinods und Kuinde sprach:

„Groß ist der Farað Gastfreundschaft, doch übertroffen wird sie durch die Kunst ihrer Schmiede. Schwer ist es, den Blick zu wenden von Foldrað Werk. Doch mehr noch schufet Ihr, als man nun schaut. Vollenden werden wir Euer Werk und vergelten Euer Geschenk.“

Und die Riesen wurden der steinernen Geschöpfe gewahr, welche der Schweiß des Foldrað geschaffen hatte. Also sprachen die Götter:

„Aus festem Fels geformt,

 Der Strom des Schmiedes schuf sie.

 Klein der Wuchs, groß ihre Kunst.

 Leben erfüllt das Volk der Felsen.“

Und wieder sprach Kuinde:

„Das zweite Werk ist getan, doch das dritte harret noch seiner Vollendung.“

Und die Riesen wurden der leuchtenden Säulen gewahr, welche der Wind aus den Funken geschaffen hatte. Also sprachen die Götter:

„Der Funken Flug,

 Er gab Gestalt.

 Glanz wurde Anmut

 Leben erfüllt das Volk des Lichtes.“

Hednis Zunge

Lange währte der Friede in der jungen Welt. Gewaltig war die Zahl der Götter, das Geschlecht der Drei Großen. Doch auf jeden von ihnen kam mehr als ein Riese.

Gredjarað war der Erste unter ihnen, Gredjarid hieß seine Tochter und Hedni fand an ihr Gefallen.

So weilte er häufig in des Riesen Halle, ihm zu Ehren wurde stets ein großes Fest gegeben, doch heimlich vergnügte er sich mit Gredjarid. Und einmal, als es Zeit zum Ruhen war, suchte Gredjarað sein Lager auf und fand dort Hedni bei seiner Tochter liegen. Sogleich wollte der Riese sich auf den Gott stürzen, doch Hedni sprach:

„Vier Riesen wurden eins.

 Erschlagen willst Du Deiner Sippe Sohn?“

Gredjarað ließ ab von Hedni und sprach:

„Dem Tod bist Du entkommen,

 Doch sühnen mußt Du diese Schmach.“

Und so sprach Hedni:

„Voll Macht ist Dein Volk,

 Doch nur der Götter Gäste.

 Das Groß der Welt bewohnt Ihr,

 Doch nichts ist Euer Eigen.

 Laßt mich ziehen und bekommt was Euch zusteht.“

Und Gredjarað sprach:

„So soll es sein.

 Kehr heim zu deinesgleichen und lade sie zum Feste.

 In meiner Halle wird der Handschlag den Handel besiegeln.“

So gelangte Hedni unversehrt heim zu den Göttern und brachte ihnen die Nachricht vom Feste.

Und die Großen kehrten ein in des Riesen Halle, um zu feiern und sich am Met zu laben. Viel wurde gespiesen doch noch mehr getrunken und die Götter lobten die Gastfreundschaft des Riesen. Und Gredjarað sprach:

„Großes soll mit Großem vergolten werden.

 Die Zeit ist gekommen, zu geben, was uns nach dem Recht des Wortes zusteht!“

Aber über sein Wort hatte Hedni geschwiegen und so verstanden die Götter die Rede des Riesen nicht. Da sprach Hedni:

„Bekommen habt Ihr, was Euch zusteht:

 Ein Fest zu geben für die Großen.“

Geifernd vor Wut sprang Gredjarað dem verräterischen Gott an die Kehle. Sein Ende vor Augen hing Hedni in des Riesen Händen. Voller Zorn sprang Skuljar auf.

Ein Mal holte er aus und ein Mal traf er den Riesen. Seit langem färbte wieder Blut den Boden und Gredjarað starb vor den Augen seiner Tochter. Wahnsinn befiel Gredjarid und mit des Vaters Blut bedeckt lief sie schreiend aus der Halle. Voller Furcht flohen auch die anderen Riesen vor dem Zorne des Gottes und schworen ihm Blutrache.

Doch Skuljar sprach mit donnernder Stimme

„Gebrochen habt Ihr das Gastrecht.

 Der Fluch dieser Tat wird Euch vernichten,

 Wer diesen Frieden bricht, ist dem Untergang geweiht.

 Blutrache schwört Ihr, doch dem Zorn der Götter werdet Ihr nicht entkommen.“

Die Zweite Schlacht

Gewaltig loderte der Haß in den Herzen der Riesen. So riefen sie zum Kampf und ein mächtiges Heer zog aus den Verrat zu rächen und Vergeltung zu fordern für den Tod Gredjaraðs.

Angeführt von den drei Großen zogen sie aus – die Kinder der Götter gegen die Farað, sie zu vernichten für den Bruch des heiligen Friedens.

So kam es zur Zweiten Schlacht .

Heftig tobte der Kampf zu Land, zu Wasser und in der Luft. Feuer verbrannte die Welt, Stürme verheerten sie und Eis ließ ihre Säulen zerbersten. Die Sonne, die seit jeher das Land erwärmte, erstarb.

Zahllose Riesen fielen, als Hagnar die Elemente entfesselte, viele Leiber verdorrten, als Kuindes Blick sie traf und am schlimmsten wütete Skuljar unter den Farað. Ein Hieb seiner Linken zermalmte jeden Leib und ein Schlag seiner Rechten zertrümmerte jeden Schädel.

Doch auch viele aus dem Geschlecht der Götter starben. Nur Lióss und Bleikr schauten das Ende der Schlacht in der dunklen Welt. Aber als die Riesen, die dem Zorn der Großen noch standhielten, sahen, dass Hagnars Kraft nicht nachließ, Kuindes Blick noch klar und todbringend war und Skuljars Schlachtruf nicht verstummte, flohen sie aus dieser Welt.

Wenige waren es, die den Weg durch die Große Leere überlebten und an ihrem Rande Zuflucht  fanden.

Ein Berg lebloser Leiber von Riesen und Göttern türmte sich auf, vom Schlachtfeld bis in das Nichts jenseits des Himmels. Und auf seiner höchsten Höhe stieß Skuljar seine Fäuste empor, als Zeichen des Sieges und als Warnung für die fliehenden Farað.

Unter seinem Fuß lag sterbend und aus zahllosen Wunden blutend Dauðrað, der Heerführer der Riesen. Und er sprach:

„Dies ist mein Spruch und die Wahrheit, denn meinen Tod sehe ich nahen. Das Kommende schaue ich:

Besiegelt ist Euer Schicksal durch den Fluch des Verrats. Leben wird mein Volk und überdauern Euern Aufstieg und Euern Niedergang. Der Götter Geschlecht wird erlöschen, Ihr selbst seid Euer Untergang. Nicht einer von Euch erlebt die Rückkehr der Farað und die Vernichtung Eures Werkes. Vergessen werdet ihr sein, wie Staub zerfällt die Erinnerung an Eure Namen! „

Und als die Götter diese Worte hörten, wussten sie, dass er wahr gesprochen hatte. Doch Hagnar in seiner Weisheit schaute weiter, als selbst der sterbende Riese es vermochte. Und er sprach:

„Handeln müssen wir, soll unser Werk nicht untergehen. Sind wir nicht mehr, sollen andere an unserer statt den Kampf führen.“

Zwei Tropfen von Dauðraðs Blut fing Hagnar auf, umschloß sie mit seinen Händen und sprach Worte der Macht. Als er sie wieder öffnete blickten zwei Menschen in des Riesen Angesicht. Schmerz verzerrte sein Gesicht und als der letzte Tropfen Blut seinen Körper verließ sah er nun die Dritte Schlacht vor seinem Auge: Ein mächtiges Heer im Kampf gegen die Reihen der Farað. So starb er – mit einem Schrei der Verzweiflung.Und die Ruinen der Welt erzitterten unter seiner Pein.

Der Menschen Geschick

Zwei Menschen schauten des Riesen Tod. Aus seinem Blut, den Seinen zum Verderben, das Heer zu sein,die Dritte Schlacht zu schlagen.

Und Hagnar sprach zu ihnen:

„Seht dieses Feld, die Toten der Schlacht. Dieser Kampf ist Euer Ursprung und Eure Zukunft.“

Und Skuljar sprach:

„Den Kampf zu führen ist Eure Bestimmung, unser Werk zu bewahren bei der Riesen Rückkehr.“

Kuinde richtete ihren Blick auf sie und sprach:

„Noch seid ihr zwei, doch ich gebe Euch Hoffnung: Die Kraft das Heer zu mehren. Eurer Kinder werden viele sein.“

Und gemeinsam sprachen die Großen:

„Diese Ruinen werden nicht Eure Zukunft sein, denn die Welt der Goldenen Zeit ist vergangen. Das Licht ist erloschen und die Erde wüst und kalt. Eine neue Heimat werden wir erschaffen.“

Und die Menschen schauten das Wirken der Götter.

Lióss und Bleikr

Am Fuße des Berges aus zahllosen Leibern begannen die Großen ihr Werk.

Dort stand Lióss, Sohn Hagnars und der Sonne Kind, und ein steter Schein umhüllte ihn.

Auch stand dort Bleikr, des Lióss Geliebte.

Und Hagnar sprach zu Lióss:

„Dunkel ist Welt seit Deiner Mutter Tod. Hell und ohne Unterlaß schien meine Geliebte auf sie herab. Licht muß wieder sein und Wärme für das Leben auf dieser Welt. Hart ist Dein Los, doch muß es sein: Wohnen sollst Du unter des Berges Fuß. Deine Bestimmung ist es den Himmel emporzuklimmen, soweit es Dir möglich ist. Wirst Du aber müde, kehre zurück in Dein Heim. Dies ist Dein Los, bis die Zeit gekommen ist.“

Und zu Bleikr gewandt sprach er weiter:

„Hart ist dieses Los für Lióss, doch mehr noch müßt Ihr auf Euch nehmen. Lióss Heim soll auch Dein Heim sein. Doch kehrt er zurück von seiner Reise, bleibt nicht viel Zeit und Du mußt Dich auf den Weg machen, es ihm gleichzutun. Nur kurz wird Eure gemeinsame Zeit sein, doch in der Dunkelheit, die dann herrscht, brauchen die Firar Deinen Trost.

Diese Nacht aber sollt Ihr noch beieinander liegen. Du, Bleikr, wirst Lióss Kind empfangen und bleicher Glanz wird Dich umgeben. Du wirst den Himmel ersteigen und Dein Leib wird sich wölben. Dann wird in der Nacht Deines hellsten Glanzes das Kind geboren und strahlend oder nicht wird es seinen Platz neben Dir einnehmen. Wenn das Strahlen des Kindes Lióss von Dir gegangen ist, ist die Zeit gekommen, in der Ihr die Nacht gemeinsam verbringen sollt und Du Deinen Weg nicht auf Dich nehmen mußt.“

Und so ist es, seit die Menschen in dieser Welt leben, und stets zum vollen Mond gebiert Bleikr ein Kind, das dann als strahlender oder dunkler Stern am Nachthimmel neben der Mutter seine Bahn zieht.

Erschaffung Firarheims

Lióss und Bleikr zogen ihre Bahnen, doch zerstört lag die alte Welt in ihrem Schein.

So fügten die Götter über dem Schlachtfeld aus den Ruinen Firarheim, das Heim der Menschen und das Werk erstrahlte in neuem Glanz. Wald wuchs auf fruchtbarer Erde, Meere füllten die tiefen Senken und reine Luft durchströmte die Welt. Das Volk der Steine, ihres alten Heimes beraubt, suchte sich ein neues im Herzen der Felsen und das Volk des Lichtes wohnt seither in den tiefsten Wäldern  Doch obwohl der Verlust der alten Sonne sie schmerzte, erfreuten sie sich doch am Scheine Lióss und an der bleichen Schönheit Bleikrs. In dieser Welt bauten sich die Menschen ihre Höfe und mehrten stets das Heer der Dritten Schlacht.

Über der Welt der Menschen und über dem Gipfel des Berges aber schufen die Götter ihre neue Heimstatt, um von dort aus über Firarheim zu wachen.

Der Ruf der Götter

Jung war Firarheim, und als Bleikr ihr erstes Kind gebar, riefen die Großen die Menschen zum Thing auf den Gipfel des Berges. Und die Götter sprachen:

„Ihr seid unsere Hoffnung für die Dritte Schlacht, wenn Dauðraðván sich erfüllt. Kommt unser Ende liegt es an Euch das Werk zu bewahren und gegen die Farað zu ziehen.“

Also sprach Skuljar:

„Meine Gabe ist der Kampf: Jenen, welche meinen Ruf hören, werde ich von meiner Kraft geben: Die Schlacht zu lieben und Furcht zu verachten. Sie sind meine Faust, wenn die Zeit gekommen ist.“

Und Kuinde sprach weiter:

„Meine Gabe ist das Leben: Jenen, welche meinen Ruf hören, werde ich von meiner Kraft geben: Für das Heer zu sorgen und das Leben zu bewahren. Sie sind mein Blick, wenn die Zeit gekommen ist.“

Und so sprach Hagnar:

„Meine Gabe ist der Geist: Jenen, welche meinen Ruf hören, werde ich von meiner Kraft geben: Wissen zu suchen und Weisheit zu wahren, zum Nutzen aller. Sie sind meine Stimme, wenn die Zeit gekommen ist.“

Und gemeinsam sprachen die Großen:

„Euer Leben in Firarheim wird nicht ewig sein. Ihr werdet geboren, leben und schließlich sterben. Doch nur jene von Eurem Geschlecht, die unserem Ruf wahrhaft folgten, sollen aufgenommen werden in die Heerscharen im Reich der Götter.“

Und Skuljar sprach weiter:

„Hart wird das Leben der Krieger sein. Doch wenn sie diese Welt verlassen, steigen sie empor zum Gipfel des Berges. Lebten sie nach meinem Ruf, wird ein Drache auf sie warten und er wird sie zu mir bringen.“

Und Kuinde sprach zu den Menschen:

„Mühsam wird das Leben jener sein, welche meinem Ruf folgten. Doch wenn sie diese Welt verlassen, steigen auch sie empor zum Gipfel des Berges. Auf die Würdigen wartet der Drache und er wird sie zu mir bringen.“

Doch Hagnar sprach:

„Voller Anstrengungen  wird das Leben jener sein, welche meinem Ruf folgten. Doch wenn sie diese Welt verlassen finden auch sie den Drachen am Gipfel des Berges und er wird sie zu mir bringen.“

Zum dritten Male sprach Skuljar:

„Jenen, welche zu mir kommen, werde ich den Platz weisen. Viel zu schaffen gilt es vor der Dritten Schlacht, die Kraft zu mehren durch Kampf und Gelage im Heerlager der Götter.“

Und zum dritten sprach Kuinde:

„Jenen, welche zu mir kommen, werde ich den Platz weisen. Viel zu schaffen gilt es vor der Dritten Schlacht, den Blick zu schärfen für Heilung und Verderben im Heerlager der Götter.“

Und zum dritten Male sprach Hagnar:

„Jenen, welche den Weg zu mir fanden, werde ich den Platz weisen. Viel zu schaffen gilt es vor der Dritten Schlacht, das Wissen zu mehren und weiterzugeben im Heerlager der Götter.“

Schließlich sprachen die Großen:

„Auf jene aber, welche sich unserem Ruf verweigern oder ihren Weg nicht bis zum Ende gehen, wartet kein Drache am Gipfel des Berges, wenn das Leben sie verläßt. Hinabsteigen sollen sie wieder bis zu seinem Fuße und warten auf dem Feld der Zweiten Schlacht, fernab von Lióss und Bleikr.“

Tiere

Zahlreiche Kinder gebar Bleikr, während die Großen Firarheim bereisten und sich an der Schönheit ihres Werkes erfreuten. Und als sie einst in den unendlichen Wäldern gingen, da sprach Kuinde:„Voller Glanz ist diese Welt, doch mehren noch will ich ihre Schönheit.“

So nahm sie Holz von den Bäumen und Erde vom Boden und formte daraus die Tiere des Waldes. Und unter Kuindes warmen Blick kam das Leben in sie und die Göttin wies sie an , fortan das Land zu bewohnen. Und als die Götter in den höchsten Bergen weilten, da sprach Hagnar:„ Gut ist Dein Werk und eine Hilfe in Vielem. So werde ich es Dir gleichtun.“ Und er nahm die Luft um sich herum in seine Hände, schloß sie und blies seinem Atem hinzu. Und als er seine Hände wieder öffnete, schwangen sich allerlei Vögel in den Himmel über Firarheim. Doch als die Götter die weite See befuhren und fern von allem Land waren, da sprach Skuljar:„ Land und Himmel sind nun bewohnt, so soll auch das Wasser Leben bergen.“

Also nahm er Wasser aus dem weiten Meer in seine großen Hände und presste sie mit solcher Kraft zusammen, dass es fest wurde. Und als er sein Werk zurück in die See warf, sprangen alsbald zahlreiche Fische aus den Fluten.

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