aus dem Heldenlied von Gurni und Thula

5)
Doch als sie auszogen, da zog einer von Ihnen nicht mit, und das war Gurni der Geschwinde, einer der größten Krieger des Landes zu dieser Zeit und überhaupt. Gurni, der selbst Feen im Wettlauf besiegt hatte, blieb zurück, denn wenn alle Männer sind gegangen, dann ist es leichtes Spiel für den Feind.

6)
Krieg und Kampf waren nicht fern, doch Gurni der Mächtige kannte keine Furcht; und so kümmerte er sich um die Äcker und um die Schafe, so, als würde Frieden herrschen. Da wurde er einer Gruppe gewahr aus Männern mit Grauen Kapuzen, und er dachte bei sich: „Dort sind sie, die Feinde Söderlandes. Sie sind zuviele für mich, doch ich werde ihnen folgen, und dann werde ich sehen, wie mit ihnen zu verfahren ist.“

7)
Groß war die Verblüffung Gurni des Listigen, als er sah, was sie bei sich hatten: die Axt, die große Axt Söderlands. Gestohlen aus den Hallen des Hugnirspak wohl, geraubt in wahrhaft übler Absicht. „Ich werde Ihnen folgen und sie vernichten, einen hinter dem anderen. Ich werde die Rache Nylands sein.“

8)
Drei Tage und 3 Nächte folgte er ihnen, und dann, als sie sich zur Abendstunde in geschütztem Gebüsch verbargen, sah er seine Stunde gekommen. Doch gerade als er sich an einen einzelnen heranschlich, da hörte er Geschrei nahe sich. Und es war das Geschrei von Dämonen, die die Feinde anlockten. Der Tapfere griff zur Waffe, und er besiegte den ersten so schnell, daß dieser nicht mal einen Schrei hätte absetzen können.

9)
Doch die Feinde waren in der Überhand. Er kämpfte, solange noch ein Glied es zuließ, doch bald lag er da und blutete aus vielen Wunden. Er erwartete das Grauen und die Folter in all seiner Standhaftigkeit, doch sprach der Anführer: „er ist nicht unser Ziel. Er ist nicht wichtig.“

10)
So banden sie ihn an den Baum und überliessen ihn den Tieren. So hing er dort, und er wartete, und er verlor seine Sinne für die Welt. Als ihn etwas berührte, da wußte er, daß seine letzte Stunde gekommen war. Gurni der Stolze hob den Kopf, um seinem Tod in die Augen zu sehen. Doch da sah er nur die traurigen Augen seiner lieblichen Frau. Sie war ihm gefolgt, und sie war seine Rettung. Sie zerschnitt die Fesseln mit dem Messer und bettete ihn zu Boden. Da lag er 3 Tage und 3 Nächte, und sie umsorgte ihn.

11)
Dann jedoch, am Anfang des vierten Tages, sprach Gurni: „Nun sind meine Wunden soweit verheilt, daß ich ihnen folgen kann. Ihre Spuren sind ersichtlich. Nochmal werde ich nicht in die Falle gehen. Und während ich das Feindesland aufsuche, da wirst Du in die Hallen des Hugnirspaks gehen und mutige Krieger finden, die zurückgeblieben sind. Hole sie herbei und mir zur Hilfe.“ Er küßte sie. Dann ging Gurni der Fährtenleser, und sechs Tage und sechs Nächte verfolgte er die Spuren bis in das Feindesland hinein. Thula jedoch verschwand in der anderen Richtung.

12)
Doch dann, in einem kleinen Wald, nahe einem kleinen Sumpf, verschwanden die Spuren. Die Spuren der Axt und die Spuren der Diebe. Gurni der Große überlegte. Da hörte er Stimmen. Schlau hockte er sich in ein Gebüsch, um den Stimmen zu lauschen. Mochten sie ihm die Wahrheit erzählen!

13)
Thula jedoch, die Frau eines Helden, selbst eine Heldin, begab sich zur Skalleborg, auf den Schädelberg, und dort in die Burg. Sie wollte die Krieger aufrütteln und zur Verfolgung rufen, doch Ach! Von diesen war kaum jemand da, denn die Bewacher der Axt versuchten die Spuren zu verfolgen, und ein mächtiger Zauber hatte sie blind gemacht für diese Spuren, so daß sie hilflos im Lande umherliefen.

14)
Die Frauen jedoch hörten aufmerksam und wurden wütend. Und so beschlossen sie, ihren Teil zu den großen Taten beizutragen. Snorri der gewaltige Gode rang mit sich, und er sprach: „So werden nun wir es sein, die die Diebe verfolgen müssen.“

15)
Und so gingen sie zu dem Platz, an dem der große Gurni gelegen hatte, und da folgten sie den Spuren der Diebe und auch Gurnis. Herdis und Rixta schritten mutig der Gefahr entgegen. Geführt wurden sie von Snorri, dem Bären unter den Goden. Doch allen voran unter den Tapferen war Thula, getrieben von der Liebe zu ihrem Mann.

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